Feierabendgespräch „Energiekrise und Preisexplosion – wie gelingt der soziale Ausgleich“

mit Volker Bajus

Um mit interessierten Bürger:innen über die Situation von Haushalten mit niedrigem Einkommen angesichts der massiv steigenden Lebenshaltungskosten ins Gespräch zu kommen, lud der Ortsverband von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein zum „Feierabendgespräch“ mit dem sozialpolitischen Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion, Volker Bajus. In ungezwungener Atmosphäre kam man im Nienburger Kulturwerk zusammen, um den direkten Austausch von Bürger:innen und Politiker:innen auf Augenhöhe zu ermöglichen.

In ihrer Begrüßung wies die Sprecherin des GRÜNEN Ortsverbands Nienburg, Mechthild Schmithüsen, darauf hin, dass viele Haushalte durch die Entwicklung der Energie- und Lebensmittelpreise in existentielle Not geraten könnten. „Die Planungen der Bundesregierung für das 3. Entlastungspaket erscheinen kompliziert und widersprüchlich. Das Versprechen „Niemand wird allein gelassen“ muss dringend mit spürbaren Maßnahmen hinterlegt werden“, so Schmithüsen. Sie erinnerte an die Forderungen der Sozialverbände, die Regelsätze der Sozialtransfers deutlich zu erhöhen, die Bemessungsgrenze für den Anspruch auf Heizkostenzuschuss anzuheben und ein Recht auf Schuldnerberatung zu verankern.

Zum Einstieg in die Veranstaltung erläuterte Volker Bajus die strategischen Ziele der bisherigen Entlastungspakete und den Grundgedanken des in Aussicht stehenden 3. Entlastungspakets, zielgerichteter vor allem finanziell schwache Haushalte zu unterstützen. Hierzu seien mittelfristig insbesondere die Einführung der Kindergrundsicherung und die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme in Richtung Bürgergeld zielführend. Er ergänzte, dass er als Landespolitiker auch die Landesregierung in der Pflicht sehe. Für akute Notlagen im kommenden Herbst und Winter sei es dringend erforderlich, Landesmittel für einen Härtefallfonds bereit zu stellen. Dieser würde es den Kommunen ermöglichen, gemeinsam mit den Energieunternehmen der Grundversorgung individuelle Lösungen bei Zahlungsunfähigkeit von Kunden zu suchen und so Energiesperren zu vermeiden, so Bajus.

Bei der Frage, ob diese Maßnahmen ausreichen werden, bei den Betroffenen das Vertrauen in das Regierungshandeln zurück zu gewinnen, gingen die Meinungen der Anwesenden weit auseinander. Vom „NetzWerk, Kritisch für Frieden, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechte im Landkreis Nienburg/Weser“ wurde darauf hingewiesen, dass auch hier vor Ort Sorge und Unzufriedenheit wachse. Man plane für die kommenden Wochen und Monate eine Reihe von Veranstaltungen, um auf Ungerechtigkeit und Härten aufmerksam zu machen. So solle den Bürger:innen eine Stimme gegeben und der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt werden. „Wir wollen den Protest nicht dem rechten Lager überlassen“, so Wolfgang Kopf für das NetzWerk. Volker Bajus zeigte sich zuversichtlich, dass die Belange finanziell schwacher Haushalte auf allen politischen Ebenen in den Fokus gerückt seien und ausreichend Instrumente entwickelt würden, um persönliche Notlagen zu vermeiden. Aber, fügt er hinzu, die derzeitige Krise werfe nur das Schlaglicht auf einen Missstand, der sich über viele Jahre entwickelt habe. „Fast möchte man sagen: Endlich kommt das Problem der sozialen Spaltung ernsthaft auf die politische Agenda“, so Bajus. Endlich müsse ernsthaft nach Wegen gesucht werden, wie diejenigen die Kosten für einen funktionierenden Sozialstaat tragen, die seit Jahrzehnten davon profitieren und die auch finanziell dazu in der Lage sind. In diesem Zusammenhang dürften auch Vermögenabgaben und eine Erhöhung der Erbschaftssteuer keine Tabu-Themen sein. In diesem Punkt waren sich alle Anwesenden einig. „In einer Situation, wo uns die seit den 60er Jahren verdrängten Kosten für den gedankenlosen Einsatz von fossilen Energieträgern nun einholen und ernsthaft bedrohen, sei es aus GRÜNER Sicht jedenfalls der falsche Weg, reflexartig erneut vom Staat zu fordern, diese Kosten pauschal von den Bürger:innen abzuwenden,“ fasste Mechthild Schmithüsen die Haltung der Partei zusammen. „Wir können das fossile Zeitalter nur überwinden, wenn Jede:r im persönlichen Alltag spürt, dass das Verbrennen von Gas, Öl und Kohle keine Zukunft hat. Wir brauchen auch hier dringend eine Zeitenwende.“